Eine kleine Spinngeschichte
Es war einmal eine
Spinnbetti, die ging durch diese schöne Welt und freute sich des
Lebens.
Den lieben langen
Tag sprang sie umher, immer ein (schiefes) Liedchen auf den Lippen
und eine Handspindel in der Hand. Unablässig rann weiche, flauschige
Wolle durch ihre Finger, und sie sponn einen Faden so dünn wie eine
Spinnwebe und so schön wie das güldene Haar von Rapunzel.
Sie liebte es,
mit der Handspindel durch den Garten, den Wald, das Haus zu
spazieren. Sie nahm ihre Spindel mit auf Reisen, wanderte mit ihr
durch Tag und Nacht, Täler und Höhen, von den Bergen bis zum Meer.
Nach und nach
gesellte sich Spindel zu Spindel, bis sie am Ende eine große Herde
beisammen hatte.
Sie war glücklich.
Eines Tages, da
geschah ein Unglück.
Die Spinnbetti
hüpfte wie immer durch ihren Garten, als sie plötzlich umknickte , zu Boden fiel und sich ein Bein brach. (Um genau zu sein, es war das Linke.)
Monatelang trugen ihre 2 Beine sie nicht - das rechte trug fast alles - und vorbei war es mit der Hüpferei und dem Spinnen.
„Wenn ich doch
nur sitzen könnte beim Spinnen und richtig viel Spinnen könnt! Ich
wär der glücklichste Mensch auf Erden!“ rief sie verzweifelt aus.
Da kam eine Fee in
Gestalt einer ehemaligen Freundin zu ihr und sprach:
„Schau doch mal, was ich hier habe! Ich brauche es nicht mehr, denn ich habe ein viel schöneres, nigelnagelneues, blitzendes und funkelndes Ding wie das. Dieses hässliche, alte, das brauche ich nicht mehr – es quietscht auch noch! Nimm Du es, wenn Du magst!“
„Schau doch mal, was ich hier habe! Ich brauche es nicht mehr, denn ich habe ein viel schöneres, nigelnagelneues, blitzendes und funkelndes Ding wie das. Dieses hässliche, alte, das brauche ich nicht mehr – es quietscht auch noch! Nimm Du es, wenn Du magst!“
Spinnbetti schaute
sich das Gerät an. Schön war es wirklich nicht mehr, hier und da
hatte es eine Macke im Holz, der Riemen um die Bremse war zerrissen,
das Kugellager – nun ja...aber sie hatte Mitleid mit dem armen Ding, und
so zog es in die Spinnbude ein.
Lange stand es in der Ecke und
konnte sich an die neue Umgebung gewöhnen. Denn Spinnbetti war
dieses dunkle Ding suspekt, und obwohl sie ihm aus Mitleid ein Obdach
bot, lag sie lieber leidend mit ihrem gebrochenen Fuß herum, strickte
und häkelte, und war missgelaunt, denn das Handspinnen war kaum mehr möglich.
Eines Morgens
jedoch, da schien die klare, kühle Wintersonne ins Haus und warf ihr
Licht direkt auf einen Berg weisser Wolle. Die Spinnbetti humpelte zu
dem Berg, nahm einen Batzen Wolle heraus und drehte sich um. Ihr
Blick fiel aufs Spinnrad. Und wie von fremder Hand geführt, stolperte sie
zu ihm, setzte sich hin und begann zu spinnen.
Es quietschte
wirklich sehr und klapperte laut. .Das Rad wurde langsam wach, strengte sich an, den
unbeholfenen Tritten der Spinnbetti zu folgen, preschte schnell vor
und versuchte, einen Rhythmus zu finden. An dem Tag legte sie abends
200 g schönes weisses Garn ins Regal. Es war hier dick und da dünn,
es war lustig verzwirnt, es war dort kratzig und dann wieder
flauschig, kurz: es war das schönste, weisse erste Garn, das je auf einem
Spinnrad gesponnen wurde.
Am nächsten Tag
schon waren die beiden richtige Freunde. Und weil sie sich so gut
verstanden, beschloss Spinnbetti , dass es nun an der Zeit sei: das
Rad sollte erfahren, wie es ist, Seide und hochfeines Merino zu
verspinnen. Sie grübelte und zog eine Zauberin zu rate. Diese
lebte in einem flachen Kasten hinter Glas und war nur über einen verschlungenen Weg zu erreichen, den man mit Hilfe von kleinen Kästchen
mit Buchstaben drauf, finden konnte. Spinnbetti probierte ein wenig
und schwups – öffnete sich die Schatzkammer der Zauberin , die
über diesese magische Gerät ihre zauberhaften Wollwaren feilbot.
Spinnbetti
verliebte sich sofort in 2 Kammzüge, und die Zauberin , die noch
heute „Knitting Spiro“ gerufen wird, veranlasste, dass diese
auch ihren Weg zur Spinnbetti fanden.
Endlich war es
soweit. Spinnbetti nahm den einen Kammzug, der ihr so
ausserordentlich gut gefiel, aus der Tüte, zuppelte ein wenig hier
und da und hielt den Atem an.
Dann ging es los.
Doch - oh weh! Das
Rad, mittlerweile an das gute, weisse, robuste Garn gewöhnt, wollte
sich so gar nicht mit den edlen Fasern anfreunden. Es wollte
regelrecht ausreissen.
Schnell versuchte
sie, die Fasern leicht fliessen zu lassen und zu spinnen! Und es
gelang! Das Rad zog die Fasern so flnk ein, dass Spinnbetti die Puste ausging. Sie schob sie
hinterher, bemüht, die Fasern nicht zu verlieren. Das Rad drehte immer schneller und schneller, Spinnbetti auch- und ratz-fatz war der Kammzug
versponnen.
Natürlich war das Garn nicht gleichmässig.
Es war hier dick und da dünn, es war lustig verzwirnt, aber es war flauschig weich!
Und es war das schönste, bunte erste Garn,das je auf einem Spinnrad gesponnen wurde!
Heute, nach vielen
Jahren, da spinnt die Spinnbetti immer noch mit der Handspindel und
geht mit ihr spazieren. Und natürlich spinnt sie viel mit dem Rad,
denn sie sitzt jetzt so gerne.
das allererste bunte, handgefärbte Handgespinst, gesponnen auf meinem alten, gebrauchten Rad. Ich weiss nicht mehr, wann das war - aber soooo lange ists nicht her, vielleicht 3 Jahre. |
Das alte Rad, das
steht immer noch in der Ecke, wie einst.
Es steht dort, wo sich das Leben abspielt, in der Wohnstube.
Es steht dort, wo sich das Leben abspielt, in der Wohnstube.
In dunklen Stunden
oder dann, wenn sie etwas tüdelig launisch ist (Ihr müsst
wissen,auch Spinnbettis hüpfen nicht immer oder singen nur
schiefe Lieder!), dann holt sie das alte Rad aus der Ecke, nimmt
besonders feine Fasern in die Hand und spinnt...
Das allererste,
bunte Garn, das hat sie immer noch, und trägt es manchmal um den
Hals.
Und auch, wenn sie
heute mit dem Rad längst Fäden spinnt, die so dünn sind wie eine
Spinnwebe und schön wie das güldene Haar von Rapunzel, so ist doch
keines so schön, wie dieses allererste bunte Garn.
1 Kommentar:
Was für eine schöne Geschichte und ein schönes erstes Garn.
Grüße,
Daphne
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