Samstag, 12. Mai 2012

Die Textilkennzeichnungsverordnung

 
Vielleicht hat es schon bei Euch die Runde gemacht?
Die "neue" Textilkennzeichnungsverordnung der EU  sorgt für reichlich Wirbel.
Sie löst das bisherige in Deutschland geltende Textilkennzeichnungsgesetz ab.
Die Verordnung soll  eigentlich dem Schutz und der Information des Verbrauchers dienen.
In ihr bzw. dem ehemals geltenden Textilkennzeichnungsgesetz wird/wurde die gesetzlich korrekte Textilkennzeichnung festgelegt. 
Das schliesst auch einen Katalog der gültigen Faserbezeichnungen ein. Grob gesagt darf nur das, was in dem Katalog steht, zur Textilkennzeichnung verwendet werden. 
Dieser Katalog ist unzureichend, denn er enthält zwar den Begriff "Wolle", nicht aber z. B.  "Merino" oder "BFL".
Das heisst, das jeder Artikel aus diesen Materialien als Wolle gekennzeichnet werden muss  - jede andere Artikelkennzeichnung ist gesetzeswidrig.
Im alten Gesetz war es auch so, nur hat es so gut wie niemanden interessiert , sprich; es wurde nicht geahndet und wir alle waren froh und glücklich, wenn wir wussten, dass das Garn in unseren Händen genau dem Material entsprach, das wir wollten.
Natürlich will der Verbraucher wissen, um was für Wolle es sich handelt - wie bei einem guten Wein,   bei dem man auch wissen möchte, ob man einen Cabernet Sauvignon oder einen roten Spätburgunder in der Flasche hat. Dort sieht man das natürlich sofort - und dass sich Wein in der Flasche befindet , das ist ist ja klar.

Die neue  EU-Textilkennzeichnungsverordnung sagt aber in Artikel 5 Abs. 1 nun ganz klar “Für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen dürfen nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I verwendet werden.“. In Anhang 1 gibt es aber weder Merinowolle, noch Lammwolle, noch Kid Mohair, noch Baby Alpaka, noch Bouretteseide etc.etc. Sprich, alle Banderolen und Angaben in Geschäften und Online-Shops, die diese Begriffe verwenden, sind falsch und verstoßen gegen die Verordnung. 

Mit anderen Worten: habe ich ein Merino-Garn, das ich bislang als 100% Merino ausgewiesen habe, so ist das jetzt nur noch als 100% Wolle gekennzeichnet.
Alle weitergehenden Artikelbeschreibungen sind dann für Euch umständlicher zu sehen, denn sie stehen in der Artikelbeschreibung.

Diese Verordnung gilt mit einer sehr großen Übergangsfrist seit dem 8.5.2012.
Bereits vor diesem Datum wurden viele  WollhändlerInnen   kostenpflichtig abgemahnt, ich habe eine 2 stellige Zahl im Ohr. (Wenn man sich vorstellt, dass es sich überwiegend um kleine Unternehmen handelt oder solche wie meines, die als Nebengewerbe ausgerichtet sind, dann fragt man sich schon, was da im Busche ist ... )

Ich finde es einen unhaltbaren Zustand und mich ärgert es ungemein! Gut, dass es die Änderung der Verordnung gibt, das ist die eine Sache  - aber die Vorgehensweise hinsichtlich der Abmahnungen ist eine andere.
  • Nahezu alle großen Garnhersteller haben diese Änderung mehr oder weniger ignoriert oder verschlafen.  Sie ist wurde bereits am 18.10.2011 veröffentlicht. Auf ihren Internetseiten findet man immer noch die veralteten Bezeichnungen, auch die Etiketten ihrer Garne sind oft veraltet.
  • Die Händler ( also auch ich) sind nun gezwungen, unzählige Artikelbeschreibungen umzuschreiben, sitzen vor einem Berg gesetzewidirg gekennzeichneter Banderolen und Etiketten.
  • Die vorgeschriebenen bzw. im Katalog genannten Materialien  sind nicht ausreichend und unzureichend und geben nicht die Vielfalt der qualtitätiven Unterschiede des  textilen Materials, insbesondere "Wolle" wieder. Statt mehr Information erhält der Verbraucher unter Umständen viel  weniger.
  • Die Abmahnungen: wie oben schon erwähnt wurde bereits eine nicht geringe Zahl färbender und handelnder KollegInnen von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs abgemahnt.  Und zwar schon vor dem 8.5. 2012. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs wird wohl nur auf Anzeige eines Mittbewerbers hin tätig.  Mit anderen Worten: jemand schwärzt seine Mitbewerber an! Meine Güte.. Mensch, du bist ein niederes Tier! Ich frage mich die ganze Zeit, wer soviel missgünstiges Potential in sich stecken hat - oder was auch immer - um seine Kollegen derartigem auszusetzen? Das ist ein bodenlose Schweinerei!  Und ich frage mich auch, ob denn wohl  der Shop des möglichen Denunzianten allen Vorgaben entspricht, aber das ist eine andere Geschichte...

Fakt ist: wir werden uns das nicht gefallen lassen.
Einige von "uns" haben bereits Reaktionen großer, namhafter Garnhersteller erhalten und diese auch veröffentlicht oder beziehen so wie ich öffentlich Stellung zu der Problematik:
Ich habe vorhin eine e-mail an die Verbraucherzentrale geschickt und auf diese Verwirrung und Abmahnwelle hingewiesen. Ihr, meine lieben LeserInnen, Ihr könnt das gleiche tun. Zum Formular geht’s so: hier klicken, Euer Bundesland auswählen und dann oben rechts auf Kontakt und dann im Text “Kontaktformular” auswählen.

Ich mache mich derweil ans neue Etikettenschreiben für ungefähr 300 Strang Wolle, die am Mittwoch mit mir auf den Markt gehen...

1 Kommentar:

Marion hat gesagt…

Ich finde das alles ziemlich skandalös. Die EU ist in dieser Form total diktatorisch und spielt nur noch den Großen Unternehmen den Ball zu . Das hat System.
Gleiches geschieht ja z.Zt. mit den Gefahrenstoffen in Kinderspielzeug.
Kann man nicht eine Eingabe machen, Widerspruch einlegen.
Wünsche Dir und allen anderen Händlern viel Glück und hoffentlich haben all diese Beschränkungen bald ein Ende.
Gruß Marion